Fast Fashion ist ein schnelles Geschäft mit Risiken und Nebenwirkungen für Umwelt und Gesundheit. Auch billige, qualitativ minderwertige Radbekleidung kann ein wahrer Umweltkiller sein, zumal Sportbekleidung in den meisten Fällen nicht gerade nachhaltig ist: Die meisten Kleidungsstücke bestehen zu einhundert Prozent aus Plastik, oft kaufen wir uns, ohne, dass wir sie wirklich brauchen würden, neue Teile, da uns das Design der „alten" Radklamotten nicht mehr gefällt, die ursprünglich wasserdichte Jacke plötzlich leckt oder ähnliches.
Ein paar Fakten und Zahlen:
- Die Deutschen kaufen im Schnitt pro Kopf 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr
- Wie Greenpeace berichtet, hat sich die weltweite Textilproduktion seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Im Jahr 2014 wurden erstmal mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke neu produziert – dafür wird eine riesige Menge an Ressourcen benötigt.
- Die meisten Kleidungsstücke bestehen zu hundert Prozent aus Plastik. Ändert sich an unserem Kaufverhalten nichts, werden wir im Jahr 2030 etwa 70 Millionen Tonnen Polyester benötigen, um dem hohen Kleidungsverbrauch gerecht zu werden. Zur Herstellung von Polyester ist nicht erneuerbares Erdöl erforderlich. Der Prozess ist energieaufwendig, die CO2-Emissionen sind hoch.
Weniger ist mehr, lautet also die Devise. Dabei helfen dir Textilsiegel, nachhaltige und faire Produkte zu erkennen. Tristan Jorde, Umwelttechniker und Leiter des Bereichs Umwelt und Produktsicherheit bei der Verbraucherzentrale Hamburg, weist darauf hin, dass nicht alle Siegel dasselbe Maß an Nachhaltigkeit versprechen. Ein empfehlenswertes Siegel sei IVN Best – ein Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft, das die Standards der International Labour Organization (ILO) einhält. Wie du den Kauf deiner Radbekleidung umweltfreundlicher gestalten kannst und welche Siegel dir helfen, nachhaltige und faire Produkte zu erkennen, erfährst du hier.
Bluesign
Das Bluesign ist eines der bekanntesten Nachhaltigkeitssiegel. Ziel ist es, den Einfluss der Textilherstellung auf die Umwelt zu verringern, verantwortungsbewusste und nachhaltige Produktionen zu unterstützen und Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, ein Produkt besser bewerten zu können. Produkte, die zu mindestens 90 Prozent in zertifizierten Fabriken verarbeitet wurden, dürfen das Bluesign-Siegel tragen.
Bei der Beurteilung betrachten die Zertifizierer die Rohwaren und die verwendeten Substanzen, den Herstellungsprozess und das fertige Produkt. Alle Prozesse müssen effizient gestaltet sein und weiter verbessert werden, um Ressourcen wie Materialien und Energie zu schonen.
Auch in puncto Umwelt und Gesundheit gibt es einiges zu beachten: Das Produkt muss aus hochwertigen Textilien bestehen, die weder eine Gefahr für die Umwelt noch für die Gesundheit darstellen. Hierzu müssen Hersteller die Grenzwerte für chemische Substanzen wie Hilfs- und Farbmittel einhalten. Ausgewählte Einsatzstoffe reduzieren den Schadstoffgehalt im Abwasser, um die Gewässer zu schützen. Die produktionsbedingte Abluft ist zu reinigen.
Im sozialen Bereich müssen Unternehmen die von der der International Labour Organization (ILO) festgelegten Kriterien erfüllen, um das Bluesign-Zertifikat zu erhalten: Die Beschäftigung ist freiwillig, der Arbeitnehmer hat ein Recht auf Tarifverhandlungen und das Recht, einer Gewerkschaft beizutreten, Kinderarbeit und Diskriminierung sind verboten, die Arbeitsbedingungen müssen sicher und hygienisch sein, die Entlohnung gerecht, Arbeitszeiten dürfen nicht überlang sein – um nur die wichtigsten Anforderungen an das Siegel zu nennen.
IVN BEST
Das Nachhaltigkeitssiegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (IVN) soll Produkten ein hohes Maß an Qualität und Nachhaltigkeit bescheinigen. Produkte aus Naturtextilien, die der IVN als nachhaltig bewertet, erhalten das blaue Siegel „Naturtextil IVN zertifiziert BEST". Dabei betrachtet der IVN die gesamte Produktionskette, von der Gewinnung der Rohfasern über die Herstellung bis zur Kennzeichnung des fertigen Produkts. Die Richtlinien sind online einsehbar, womit eine transparente Vorgehensweise gewährleistet ist.
Die wichtigsten Kriterien für Bekleidung auf einen Blick:
- Naturfasern müssen aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen.
- Einige Substanzen , die in der herkömmlichen Textilverarbeitung zum Einsatz kommen, aber aus umweltrelevanten oder gesundheitlichen Gründen bedenklich sind, sind bei BEST-Waren verboten oder eingeschränkt. Unzulässig sind zum Beispiel Chlorphenole, Schwermetalle oder Weichmacher mit potenzieller Wirkung auf unseren Hormonhaushalt, wie Bisphenol A (BPA).
- Zusatzstoffe mit Gesundheitsgefahren (Risiko-Sätze laut EU-Richtlinie), Zusatzstoffe, die bio-akkumulierbar sind, sich also im Organismus anreichern können, und solche, die nur schwer abbaubar sind, sind unzulässig.
- Chemische Zusatzstoffe müssen nach GOTS-Zertifizierung bestimmte Kriterien zur Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit erfüllen und über ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) verfügen.
- Auch beim Spinnen, Färben und Drucken sind nur natürliche und synthetische Farb- und Hilfsstoffe sowie Pigmente erlaubt, die mit Blick auf Umwelt und Gesundheit unbedenklich sind. Bei der Herstellung der Stoffe dürfen nur Substanzen mit natürlicher Basis eingesetzt werden. Kupfergehalt und CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) des Abwassers müssen überwacht werden.
- Alle Bestandteile eines Kleidungsstückes müssen aus Naturfasern gefertigt sein. Lediglich bei Nähgarnen oder elastischen Abschlüssen dürfen Hersteller synthetische Fasern beifügen.
- Bis auf Reißverschlüsse sind nur Verschlüsse aus natürlichen Materialien und Metall (ohne Nickel und Chrom) erlaubt.
Die geforderten Kriterien gehen noch weit über das Kleidungsstück und dessen Herstellungsprozess hinaus: So muss das Abwasser nach der Verarbeitung bzw. Veredelung in einer Abwasserkläranlage gereinigt werden, bevor es in Oberflächengewässer eingeleitet wird. Hersteller müssen ihre ökologischen Textilien so lagern und transportieren, dass eine Kontaminierung mit unzulässigen Substanzen oder eine Vermischung mit konventionellen Produkten oder ihren Bestandteilen ausgeschlossen ist. Verpackungsmaterialien dürfen keine chlorierten Kunststoffe enthalten, stattdessen müssen sie aus recyceltem Abfallmaterial hergestellt oder durch ein Programm für nachhaltige Waldbewirtschaftung zertifiziert sein. Transportmittel und -wege müssen dokumentiert werden. Nicht nur auf die Dokumentation, auch auf die interne Qualitätskontrolle wird Wert gelegt. Was den sozialen Bereich betrifft, müssen die am Herstellungsprozess beteiligten Unternehmen auch hier die Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) erfüllen, um das BEST-Zertifikat zu erhalten.
Green Shape
Der deutsche Produzent Vaude hat sich auf die Herstellung von Freizeit- und Sportbekleidung spezialisiert. Im Sortiment finden sich Bekleidung, Schuhe, Ausrüstung und Accessoires zum Radfahren, Wandern, Bergsteigen und Skifahren.
Vaude gibt an, umweltfreundliche und faire Produkte herzustellen. Seit 2012 arbeitet Vaude am Firmensitz klimaneutral. Das Ziel ist es, bereits in naher Zukunft alle Prozesse klimaneutral zu gestalten. Was die Kleidung betrifft, verspricht der Hersteller zeitlose Designs, robustes Material und eine einfache Reparierbarkeit.
Da es keinen weltweiten Maßstab für Nachhaltigkeit gibt, hat Vaude ein eigenes Bewertungssystem für umweltfreundliche Kleidung entwickelt. Nach diesem System zeichnet der Hersteller funktionelle und umweltfreundliche Kleidung aus nachhaltigen Materialien mit dem Green Shape Label aus. Vaude gibt an, den gesamten Produktzyklus nach strengen Maßstäben zu betrachten – vom Design über die Produktion bis hin zur Pflege, Reparatur und Verwertung. Demzufolge müssen nicht nur die Hauptmaterialien, sondern auch Produktionsbetriebe und Zusatzkomponenten (Reisverschlüsse, Drucke etc.) den, nach eigenen Angaben, hohen ökologischen Anforderungen gerecht werden.
Vaude arbeitet transparent und hat eine detaillierte Übersicht veröffentlicht, die das Konzept mit all seinen Bewertungskriterien erklärt. Daraus geht hervor, dass die Produkthauptgruppen unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen, um das Green Shape Label zu erhalten. Im Bereich Radbekleidung sieht das Konzept wie folgt aus:
- Textillieferanten: 90 Prozent der Textilien stammen von Lieferanten, die durch eines der aufgelisteten Systeme zertifiziert sind: bluesign, STeP/Ökotex 1000, EMAS, made in JPN, made in DACH, ISO 14001, GOTS.
- Zertifizierte Textilien: 90 Prozent des Produkts bestehen aus zertifizierten Textilien
- Ökologische Textilien: 90 Prozent des Produkts bestehen aus ökologischen Textilien. Dazu zählen Biobaumwolle, recycelte Materialien, Hanf, Tencel (Cellulose aus Eukalyptusholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft) und chlorfreie Wolle. Allgemein dürfen umweltfreundliche, biobasierte und kompostierbare Textilien verwendet werden.
Den Einsatz besonders kritischer Materialien und Technologien schließt Vaude aus. Nanotechnologie, Gentechnik, PVC, DRW-Imprägnierungen mit Fluorcarbonen (PFC), kurz PFC-DWR, und chlorhaltige Bleichmittel gehören zu den sogenannten Killerkriterien. Auch eine ressourcenaufwendige Pflege, die Waschgänge mit hohen Temperaturen oder gar eine chemische Reinigung benötigen würde, lässt Vaude nicht zu.
Responsible Wool Standard
Im Winter erfreuen sich viele Radfahrer an Funktionswäsche und -bekleidung aus kuscheliger und feuchtigkeitsableitender Merinowolle. Das Problem: Um mehr Wolle zu erhalten, werden die meisten Merinoschafe so gezüchtet, dass sie viele überschüssige Haut haben. In den Hautfalten, besonders in denen um das Hinterteil, können sich so leicht Entzündungen bilden. Um das zu vermeiden, kommt das für die Tiere schmerzhafte Mulesing-Verfahren zum Einsatz. Das RWS-Siegel (Responsible Wool Standard) für verantwortungsvolle Wolle wurde 2016 von der gemeinnützigen Organisation Textile Exchange gegründet und soll das Wohlergehen der Schafe sicherstellen. Das RWS-Siegel hilft dir, Produkte zu erkennen, deren Wolle von landwirtschaftlichen Betrieben stammt, die einen progressiven Ansatz für die Bewirtschaftung ihres Landes verfolgen, ihre Tiere schützen und sich für ihr Wohlergehen einsetzen.
Fazit und Tipps
Generell lässt sich sagen: Investiere lieber in wenige, hochwertige und möglichst fair hergestellte Produkte , die dir lange erhalten bleiben, als immer wieder viele neue, billige Radklamotten zu kaufen. Siegel wie das Bluesign oder das Green Shape Label von Vaude helfen dir, die Nachhaltigkeit zu beurteilen.
Wer Plastik den Kampf ansagen möchte, kann von synthetischen auf natürliche Produkte umsteigen. Wie wäre es mit Tencel-Shirts oder Merinowolle? Wenn du sichergehen willst, dass Merinowolle ohne Tierleid gewonnen wurde, bist du bei Produkten mit RWS-Siegel an der richtigen Adresse.
Außerdem kannst du die Langlebigkeit deiner Sportbekleidung durch die richtige Pflege erhöhen: Die meisten Textilien halten länger, wenn du sie bei niedrigen Temperaturen von 30 Grad wäscht. Hohe Schleuderzahlen oder den Trockner vertragen sie hingegen nicht gut. Regelmäßige Imprägnierungen halten die Funktionalität, also die wasserabweisenden und atmungsaktiven Eigenschaften, von Jacken und anderen Kleidungsstücken über viele Jahre aufrecht.